Im „Retzbacher Kultur Raum“ blieb kein Platz frei, als es sich um die Frage drehte: „Stehen uns magere Jahre bevor?“ Steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und häufigere Dürreperioden führen zu einer erheblichen Reduzierung der Wasserverfügbarkeit im Retzer Land. Diese Problematik spüren auch regionale Landwirte und Weinbauern: Trockenheitsbedingte Schäden und Ernterückgänge sind keine Seltenheit mehr.
In seiner Keynote „Wie Wasser zum knappen Gut wurde“ nahm Landschaftsökologe und Buchautor Heinz Wiesbauer das Publikum mit auf eine Zeitreise: Er zeigte, wie die Weinviertler Gewässer noch vor 150 Jahren aussahen und warum heute nur noch so wenig davon übrig ist. Das Weinviertel hatte einst mehr Fischteiche als heute das Waldviertel, diese Botschaft sorgte für große Überraschung. Durch gezielte Trockenlegungen und Meliorationen wurde zwar fruchtbarer Boden geschaffen, das Wasser verschwand dadurch aber aus der Region. Heute will man es zurückhaben, doch dafür muss einiges unternommen werden. Welche Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen, wurde mit dem Publikum intensiv diskutiert.
Bio-Bauer Alexander Widerna aus Dietmannsdorf beschreibt dazu seinen Weg der regenerativen Landwirtschaft: „Durch 25 Jahre pfluglose, minimale Bodenbearbeitung und Fokus auf Humusaufbau konnten wir auch in trockenen Jahren unsere Erträge sichern. Denn Humus sorgt dafür, dass Wasser besser im Boden gespeichert wird und nicht mitsamt dem Oberboden aus der Region abfließt.
Passend dazu präsentierte Martin Mühlberger-Wally den „Bodenkoffer“ der LEADER-Region Weinviertel-Manhartsberg, welcher an alle Interessierten kostenlos verliehen wird. Mit dem Bodenkoffer kann man in 10 Schritten eine tiefgehende Bodenanalyse durchführen und so gezielt Maßnahmen für die Verbesserung der Bodengesundheit setzen.
Florian Hanousek ist Weinbaulehrer an der Landwirtschaftlichen Fachschule Hollabrunn und dort auch Versuchskoordinator im Bereich Weinbau. Er berichtete von den Möglichkeiten und Grenzen der Anpassung im Weinbau. Schon jetzt stehen die Winzer vor der Herausforderung, den durch die zunehmenden Sonnenstunden steigenden Zuckergehalt der Trauben mittels spezieller Pflegemaßnahmen der Reben in Grenzen zu halten. Bewässerung hält er nur für bedingt zielführend: Durch regelmäßiges Bewässern bilden sich die Wurzeln nicht so sehr in die Tiefe aus, sondern werden quasi an der Oberfläche „verwöhnt“. Dadurch werden die Pflanzen weniger widerstandsfähig.
Für eine exklusive Premiere sorgte Werner Pölz, Winzer in Unterretzbach und Experte für Treibhausgasbilanzierung im Umweltbundesamt. Da nämlich rund 50 % der Treibhausgasemissionen im Weinbau von der klassischen Einweg-Glasflasche verursacht werden, wurde gemeinsam mit Projektpartnern eine neue universelle Mehrweg-Weinflasche entwickelt. Zwei Prototypen davon konnten live bestaunt werden. Was früher selbstverständlich war, kommt nun also wieder zurück in die Regale.
Resümee des Abends: trotz der düsteren Prognosen und großen Herausforderungen gibt es also doch noch Hoffnung – bereits erprobte, innovative Ansätze werden wichtiger, starke regionale Zusammenarbeit und nachhaltige Bewirtschaftung sind der Lösungscocktail für das Retzer Land – und darüber hinaus.
Infos zum Verleih des Bodenkoffers: https://leader.co.at/2024/10/19/bodenkoffer/
Buchtipp Heinz Wiesbauer: „Feuchtgebiete. Natur- und Kulturgeschichte der Weinviertler Gewässer“. www.heinzwiesbauer.at