Nachlese zu „Grün statt Grau“

Eine kleine, feine Runde hat sich am 7. Sept.2022 im Nationalpark Thayatal eingefunden, um gemeinsam mit Dr. Irene Zluwa von Grün statt Grau über Fassaden- und Dachbegrünungen zu sprechen. Die Expertin für Bauwerksbegrünungen und Solargründächer begeistere das interessierte Publikum mit ihrem Wissen, zahlreichen Praxisbeispielen und Tipps für persönliche Vorhaben.

Nationalpark Thayatal macht‘s vor

„Als Nationalpark sehen wir es als unsere Aufgabe, mit positivem Beispiel voranzugehen und auch beim Bauen der Natur möglichst viel Raum zu geben.“, so läutete Mag.a Bernadette Lehner vom Nationalpark Thayatal den Themenabend zu Bauwerksbegrünungen ein. Ein Nationalparkzentrum in Holzbauweise, gebaut auf Stelzen, extensive Dachbegrünung mit Solar- und Photovoltaikanlage, e-Tankstellen, ein kleines e-Auto, ein naturnaher Kräutergarten, zahlreiche heimische Sträucher… die Liste an Maßnahmen um den ökologischen Fußabdruck gering zu halten und viel Raum der Natur zu überlassen, ist lang. Im Bereich des ökologischen Bauens zählt das Nationalparkzentrum definitiv zu den Vorzeigebeispielen im Retzer Land. Nachmachen ist ausdrücklich erwünscht! Zertifiziert mit dem Österreichischen Umweltzeichen, wird auch im laufenden Betrieb auf Umweltfreundlichkeit geachtet. Ob denn die Dachbegrünung viel Arbeit mache, fragte eine Teilnehmerin. Schmunzelnd antwortete Naturkennerin Lehner: „Die Dachbegrünung zählt zu den Dingen, die am wenigsten Arbeit und Probleme macht. Ein bis zweimal im Jahr aufs Dach klettern und gegebenenfalls wilden Bewuchs entfernen – das war’s.“

Viel mehr als „nur grün“

„Dicht bebaute Stadt- und Ortszentren heizen sich mit bis zu 70°C Oberflächentemperatur in den Sommermonaten extrem auf und strahlen die Hitze an die Umgebung ab. Neben den Gebäuden tragen auch die zum Großteil versiegelten Böden stark zur Erhitzung bei.“, weiß Expertin Zluwa nur zu gut. Sie kennt diesen „Hitze-Insel-Effekt“ aus ihrer Heimatstadt Wien. Entgegenwirken kann man vor allem durch Entsiegelung und Begrünungen aller Art. Egal ob Gründach, begrünte Fassade oder Baum – die Leistungen der natürlichen Alleskönner sind vielfältig und sogar messbar. Das Grün wirkt nicht nur kühlend, sondern speichert Regenwasser, bindet Feinstaub und CO2, wirkt Lärmmindernd und die Artenvielfalt erhöht sich. All das zeigt ganz klar: die Städte und Dörfer der Zukunft sind grün.

Das Dach als Energielieferant und Aufenthaltsort

Strom und Wärme vom eigenen Dach wissen viele sehr zu schätzen, vor allem in Zeiten rasant steigender Energiepreise. Bei Flachdächern ist eine Kombination aus Gründach mit Solar- und/oder Photovoltaik-Anlage das Gebot der Stunde. Die Dachbegrünung zahlt sich laut der Expertin gleich mehrfach aus: „Sie reduziert die Oberflächentemperatur und nimmt Wasser auf. Die Temperaturschwankungen an der Dichtung darunter sind wesentlich geringer, weshalb begrünte Flachdächer eine doppelt so lange Lebensdauer aufweisen, als Kiesdächer. Und: bei zu hohen Lufttemperaturen verringert sich der Wirkungsgrad von PV-Modulen um bis zu 10 %. Dem wirkt die Dachbegrünung ebenfalls entgegen.“ Auf dem Land steht eher die Energiegewinnung im Vordergrund, deshalb werden weitgehend extensive Begrünungen mit geringem Pflegeaufwand installiert. Mitten in der Stadt, wo Gärten und Platz Mangelware sind, treten immer häufiger kreative Konzepte auf. Ein Beispiel ist ein begehbarer Dachgarten mit Stauden, Sträuchern und kleinen Bäumen, Hochbeeten zum Gemüse- und Kräuteranbau, gepaart mit einer Grillecke und einer mit Photovoltaik-Modulen überdachten Pergola.

Grüne Hingucker mit Mehrwert

Bodengebundene Begrünung mit selbstrankenden Pflanzen wie Efeu oder wilden Wein, Seilsysteme mit windenden Kletterpflanzen oder horizontal bepflanzte Wände – bei Fassadenbegrünungen sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Für jeden Standort und jede Geldbörse gibt es eine passende Lösung. Aber wie steht es um den Kühleffekt von begrünten Fassaden? Auch dazu hat Begrünungsexpertin Dr. Zluwa eine Antwort parat: „Ein spürbarer Kühleffekt im Innenraum wird bei Häusern ohne ausreichend Wärmedämmung erreicht. Bei einem Neubau mit heller Fassade und guter Dämmung, lässt sich das Klima im Inneren kaum beeinflussen. In diesem Fall liegen die Vorteile außerhalb der Gebäudehülle: weniger Hitze, Kühlung durch Verdunstung, Artenvielfalt, um nur ein paar Effekte zu nennen.“ Speziell an Standorten, wo der Platz für Baumpflanzungen nicht ausreicht, sind grüne Wände die einzige Möglichkeit, das Mikroklima rund um das Gebäude zu verbessern.

Maßgeschneiderte Lösungen sind gefragt

Jedes Gebäude, jede Straße, jeder Platz ist anders. Deshalb gibt es kein Patentrezept, das überall anwendbar ist. Je nach Lichteinfall, verfügbarem Raum oberirdisch sowie im Untergrund gilt es maßgeschneiderte Lösungen für möglichst viel Grün zu erarbeiten. Die gute Nachricht: es muss nicht immer teuer und pflegeintensiv sein. Die Natur macht viel Schönes, ganz ohne unser Zutun – das gilt auch für Begrünungen innerorts.

Du möchtest dein eigenes Projekt starten, weißt aber nicht wie? 

Ob Gründach oder begrünte Fassade: Landschaftsarchitekten und spezialisierte Betriebe unterstützen bei der Planung und Umsetzung. Unabhängige Beratung bieten auch die Expert:innen von Grün statt Grau, der Kompetenzstelle für Bauwerksbegrünung an.

Expert:innen, gelungene Begrünungsprojekte zum Schmökern und qualitativ hochwertige Produkte findest du in der Datenbank von Grün statt Grau.  

Einen guten Überblick zum Thema Fassadenbegrünung bietet der Leitfaden der Stadt Wien. Studien, Leitfäden, Videos und vieles mehr rund um Bauwerksbegrünung findest du hier zum Download.