Vom „Stehzeug“ zur Bratpfanne

23 Stunden parkt ein heimischer Pkw im Schnitt täglich*. Unsere Autos sind also eher „Stehzeug“ als Fahrzeug. Dass sich die stehenden Blechlawinen hervorragend als Bratpfanne eignen, zeigte der Dorfspaziergang „Kühles Grün. Heißes Grau.“ mit Landschaftsarchitektin DI Dr. Christine Rottenbacher auf.

Stolze 61°C ergab die Messung der Wärmebildkamera auf der Motorhaube eines parkenden PKW mit schwarzer Karosserie – um 18.30 Uhr abends wohlgemerkt. Heiß genug, um ein Spiegelei zu braten.
Die extrem heiße Oberflächentemperatur des abgestellten Autos war aber nicht die einzige Überraschung für die 20 Teilnehmenden des Dorfspazierganges durch Unterretzbach, organisiert von der Klimamodellregion Retzer Land. „Mich hat besonders erstaunt, dass sich unbedeckter, brauner Erdboden stärker erhitzt als Beton und Asphalt“, berichtet eine Teilnehmerin. Grund dafür ist, dass sich im Oberboden auch Luft befindet – diese erhitzt sich mit und sorgt so für extrem heiße Oberflächentemperaturen um die 50°C. Aus demselben Grund heizt sich Asphalt stärker auf als Beton.

Im Vergleich zum „heißen Grau“ kühlt der Humus über Nacht stärker ab. Das ist laut Gartenkennerin Rottenbacher aber noch lange kein Grund zum Durchatmen. „Bereits bei 30°C leiden Pflanzen an Hitzestress und stellen ihr Wachstum ein. Die Pflanzen versuchen lediglich zu überleben und verlieren ihre kohlenstoffbindende Wirkung, die wir im Kampf gegen den Klimawandel dringend brauchen. Stichwort: Kohlenstoffsenke“, bringt es Rottenbacher besorgt auf den Punkt. Bodentemperaturen von 30°C und mehr sind also Gift für unsere Pflanzen, dauerhaft begrünte oder gemulchte Böden hingegen das Gebot der Stunde. Das gilt für unsere Gärten und Dörfer genauso wie für die Landwirtschaft. Nebenbei bemerkt: Der begrünte Boden brachte es an einem Hitzetag im Retzer Land laut Wärmebildkamera lediglich auf 26°C.

Wasser speichern statt ableiten

Die Antwort auf die Frage, wo das meiste Wasser gespeichert ist, wussten die Teilnehmenden bereits: In unseren Böden. Der „kleine Wasserkreislauf“ ist sehr wichtig, damit unsere Region nicht austrocknet und unsere Pflanzen mit Wasser versorgt werden. Regen soll dort versickern, wo er fällt. Das Problem: Regenwasser wird viel zu oft abgeleitet. Dachrinnen, Bäche und asphaltierte Wege befördern das wertvolle Wasser aus der Region. Dem sollte dringend entgegengewirkt werden. Die gute Nachricht: Bereits im eigenen Haus und Garten lassen sich gezielt Maßnahmen umsetzen, um Wasser zu speichern. Regenklappen an den Dachrinnen, der Einbau einer Zisterne oder die Anlage eines Regengartens sind nur einige der Möglichkeiten. In unseren Ortschaften kann das kühle Nass beispielsweise in Beete und strukturierte Erden eingeleitet werden und dort versickern. In der Landschaft können wiederum die Speicherung des Regenwassers in Auffangbecken, die Anlage von Landschaftselementen oder bessere Infiltration in den Böden der Wasserknappheit entgegenwirken. Auch hier gilt: Bewachsene, durchwurzelte Böden können Niederschläge viel besser aufnehmen und so Starkregenereignisse abfedern.

Lösungen und Möglichkeiten gibt es für alle Bereiche. Nun ist es an uns allen, tätig zu werden und unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen!

Weitere Fotos von der Exkursion gibts auf der Website „Retzbacher Bilder“ von Wolfgang Hanousek: https://photos.app.goo.gl/f7eHMALM85d1QKfo6

*Quelle: VCÖ https://www.vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/wiens-pkw-ergeben-aneinandergereiht-autokolonne-von-wien-nach-jerusalem